Gemeinsam Projekte gestalten

Von Oral History bis Virtual Reality

Projekte sind das Herzstück unserer täglichen Arbeit, weil sie abstraktes Wissen in handfeste Erlebnisse verwandeln. Jedes Vorhaben beginnt mit einer Frage, die uns unter den Nägeln brennt: Wie lebten junge Frauen während der Weimarer Inflation? Welche Spuren hinterließ die Schrebergartenbewegung an den Hängen der Gelpe? Um Antworten zu finden, öffnen wir nicht nur Schubladen voller Dokumente, sondern gehen hinaus auf Plätze, Dachböden und Fabrikruinen. Unser methodisches Spektrum reicht dabei von klassischen Aktenstudien bis hin zu partizipativen Kartierungs‑Workshops, bei denen Bürgerinnen mit Tablets verfallene Gleisanlagen vermessen. Dank dieser interdisziplinären Herangehensweise entsteht ein lebendiges Forschungsumfeld, in dem Historiker, Architektinnen, Fotografen und Programmierer Seite an Seite arbeiten, voneinander lernen und sich gegenseitig inspirieren. Besonders stolz sind wir auf unsere offenen Labortage, an denen auch Menschen ohne akademischen Hintergrund ihr Spezialwissen einbringen – sei es über alte Dialekte, vergessene Kräuterrezepte oder seltene Handwerkstechniken.

Eines unserer aktuellen Leuchtturmprojekte hört auf den Namen „Zeitfenster“. Hier rekonstruieren wir mithilfe von Virtual‑Reality‑Technik das Ronsdorf des Jahres 1910. Besucherinnen können eine VR‑Brille aufsetzen, durch die historische Marktstraße flanieren, im Kolonialwarengeschäft nach exotischen Gewürzen stöbern oder dem Klang eines Kinderchors in der Reformierten Kirche lauschen. Die immersive Erfahrung beruht auf Tausenden Fotografien, Bauplänen und mündlichen Überlieferungen, die wir Zentimeter für Zentimeter zu einem digitalen Zwilling zusammengesetzt haben. Schon jetzt verzeichnet das Projekt monatlich Hunderte Buchungen, vor allem von Schulklassen, die auf diese Weise Lokalgeschichte buchstäblich begehen. Damit die Lernkurve steil bleibt, integrieren wir in jeder neuen Software‑Version Feedback der Jugendlichen: Wer möchte, kann künftig sogar als Avatare historischer Persönlichkeiten interagieren und Entscheidungen treffen, die den Verlauf der Simulation verändern.

Nicht minder bedeutend sind unsere kleineren Initiativen, die im Schatten der Großprojekte stattfinden. Dazu gehören Hauschroniken, in denen Eigentümerinnen aus eigenem Antrieb die Vergangenheit ihrer vier Wände erforschen, oder Nachbarschaftsgespräche, bei denen wir auf einer Parkbank alte Familienfotos digitalisieren. Es sind genau diese unspektakulären Momente, in denen Geschichte nahbar wird: Wenn eine Achtzigjährige plötzlich die Melodie eines Streikliedes summt oder ein Zehnjähriger verblüfft entdeckt, dass sein Fahrradweg früher die Trasse einer Kohlebahn war. Jedes Projekt, ob groß oder klein, verfolgt am Ende dasselbe Ziel – einen Raum zu schaffen, in dem Menschen ihre Erinnerung teilen, sich gehört fühlen und gemeinsam ein neues Kapitel Stadtgeschichte formulieren. So wächst unser Netzwerk stetig, und jeder gelungene Abschluss ist zugleich ein Anfang für die nächste Idee.